Sommerreise 2022

Kotor2
vom 2. bis 9. Juli 2022 in Kroatien/Montenegro
Nach Zagreb durch die Nacht
Noch vor 19 Uhr am Samstagabend treffen sich 9 Teilnehmer und 2 Teilnehmerinnen
unserer Sommerreise nach Kroatien und Montenegro mit Co-Leiter Fabio und Pfr. Hanspeter
Plattner auf dem Bahnhof SBB. Es wird eine lange Reisenacht werden bis in die kroatische
Hauptstadt Zagreb, ab Zürich dafür im Liegewagen, wenigstens das. Eine Begegnung der
besonderen Art ereignet sich in Buchs – da stehen wir etwa 20 Minuten Seite an Seite mit
dem luxuriösen Orient-Express. Umsteigen können wir nicht – das würde unser Budget
sprengen. Einige haben sich bereits im Internet nach den Preisen erkundigt.

Erdbebenfolgen
In Zagreb führt uns Nico mit seinem Handy bzw. via GPS zum Hotel Jadran, das sehr zentral
gelegen ist und gut gekühlt. Alle verfügen über geräumige Doppelzimmer und gute Dusch-
möglichkeiten – herrlich nach der Nacht im Zug. Wir gehen Mittagessen und halten danach
bis 16 Uhr Siesta. Die Stadtführung zur Kathedrale und zur schönen, alten Stadtkirche
St. Markus ist durchzogen: die Gebäude sind noch immer abgesperrt, nach einem Erdbeben
im März 2020, das bei uns wegen der Pandemie kaum wahrgenommen wurde. Die Altstadt
ist eher klein; in Grüppchen erkundigen wir die Stadt, in der es sogar ein „Museum der
zerbrochenen Beziehungen“ gibtl Da wir morgen früh um 7.30 Uhr bereits wieder beim
Bahnhof sein müssen, sind bald alle wieder auf ihren Zimmern.

Split

Zug, Gebirge, Meer und Split
Das Frühstück findet – wie fast immer auf unserer Reise – bei einer Bäckerei statt, wer will,
nimmt noch etwas mit für unterwegs. Der Zug ist gestopft voll, gut, dass wir bereits Fahr
scheine haben. Die Reise dauert offiziell knapp 6 Stunden, praktisch über 7. Wer hinaus-
schaut, sieht Wälder, Felder, Hochplateaus, Karstgebirge, Burgen. In der letzten Stunde
fällt die Klima-Anlage aus, draussen sind gut 35°C, die auf die Stimmung drücken. Endlich
wird das Meer sichtbar, und von da an ist es nicht mehr weit bis Split.
Angekommen in Split heisst es zuerst warten: die Bus-Karten für Mittwoch müssen erst
besorgt werden. Beim ersten Schalter hören wir zunächst, dass es nicht mehr möglich sei,
die ganze Gruppe im Bus am Morgen früh unterzubringen; wir könnten die Gruppe teilen,
und der zweite Teil nimmt den Bus am Nachmittag und käme erst spätabends in Kotor an.
Wir beraten, gehen dann aber zu einem anderen Schalter und siehe: Dort klappt alles
anstandslos mit dem Morgenbus um 5.15 Uhr. Nun, das hat noch zwei Tage Zeit.
Nahe beim Zentrum gehen wir in eine Seitengasse, landen in einer Art Hinterhof, aber es
sind schöne Zimmer für uns bereit, 2er, 3er, 4er-Zimmer, alles gut. Es gibt Siesta, einige
gehen schon mal auf den Markt und kaufen sich Sonnenbrillen, Eistee oder so. Für das
Abendessen wird ein ganz ausgezeichnetes Lokal gefunden, nahe bei unserem Hostel
„Split“, aber nicht Richtung Zentrum. An beiden Abenden essen wir dort, und alle
geniessen es dort, im gekühlten „Upper Room“. Den öffentlichen Badestrand finden wir
auch, aber der Weg hin und zurück ist ein Marsch durch die Hitze. Übrigens gibt es Leute,
die stehen auf Seeigel, wortwörtlich, lassen sich aber nichts anmerken…
Die faszinierende und verwinkelte Altstadt von Split vom Grundriss her nichts anderes als
der Palast, den sich der römische Kaiser Diokletian für seinen Ruhestand errichten liess.
Diokletian wusste, dass er in Rom nicht lange überleben könnte, auch wenn es ihm
gelungen war, das Römische Reich wieder zu festigen, und so zog er in seinen späten
Jahren lieber wieder in seine Heimat, wo er einst als Sohn eines Sklaven geboren worden
war, vor seinem skrupellosen Aufstieg im Militär. Diokletian war der letzte Kaiser, der
systematisch durch Verfolgungen versucht hatte, das Christentum auszurotten. Wir
besichtigen den Tempel, in dem noch zu seinen Lebzeiten seine Statue mit Opfern verehrt
werden musste – wenige Jahrzehnte nach seinem Tod wurde das Gebäude die christliche
Kathedrale von Split, und ist es bis heute geblieben. Der 200 Meter gegenüber gelegene
Jupiter-Tempel wurde noch im 4. Jahrhundert zum Baptisterium, zur Taufkirche geweiht,
wo seit damals viele tausende von Menschen zu Christinnen und Christen geworden sind.
Und anstelle der Jupiterstatue stösst man auf eine Darstellung Johannes des Täufers.
Ansonsten ist der ehemalige Diokletian-Palast ein Wirrwar von Gassen, Plätzen und
Treppen mit allen möglichen und unmöglichen Geschäften, Boutiquen und Lokalen, wo
vor allem am Abend bis weit in die Nacht hinein Betrieb ist.
Dank Fabios kritischer Beobachtungsgabe geht unsere Reise aber noch weiter als Split:
Er bemerkt, dass der Reiseleiter am Abend ohne Rucksack nach Hause kommt – den hat
er unter dem Tisch eines Restaurants liegen gelassen, samt Portemonnaie, Buskarten
und Flugtickets. Da war dann Jogging by night angesagt...

Kontrollen und Korruption
Dann kam der Mittwoch. Die Busreise nach Kotor in Montenegro, die dalmatinische Küste
entlang. Mit Umsteigen im Busbahnhof Dubrovnik. Abfahrt Busbahnhof Split um 5.15 Uhr,
nach einem kurzen Frühstück bei einer Bäckerei in Split, die rund um die Uhr, 24 Stunden
lang, geöffnet ist. Es ist dann längst 5.30 Uhr vorbei, als wir losfahren, und unterwegs
wird die Verspätung immer grösser, was aber Busfahrer und Beifahrer nicht hindert, im
billigen Bosnien Pause zu machen und in einem Strassenrestaurant einzukehren. Wir passieren
auf der Fahrt einige Male die Landesgrenze, und an jeder, wörtlich: JEDER!! Grenzstation
muss der Linienbus nicht nur halten, sondern alle Passagiere haben auszusteigen, und
bei einer Kontrollbaracke den Ausweis kontrollieren zu lassen. Das dauert jedesmal mehr
als eine halbe Stunde. Beim ersten Mal werden fünf Ausweise unserer Gruppe
zurückbehalten, worauf der Reiseleiter gegen die Vorschriften umkehrt, mit der
Gruppenliste wedelnd die Kontrollbaracke ein zweites Mal betritt, sich höflich als
Professor vorstellt und nachdrücklich fragt, mit welcher Begründung einem Teil seiner
Studenten die Rückgabe ihrer Papiere verweigert wurde. Das sei für ihn schlicht undenkbar.
Es gelingt: die Kollegin des Zollbeamten verteilt die ID’s gleich wieder.
Etwa sechsmal durchlaufen wir solche Zollkontrollen, denn unser Weg führt von Kroatien
über Bosnien über Kroatien nach Montenegro. Das kostet Zeit. Es ist heiss! Und wir sind
müde! Als wir in Dubrovnik ankommen, ist es 11.25 Uhr. Um 11 Uhr hätten wir mit dem
Anschluss nach Kotor weiterfahren müssen. Glücklicherweise ist auch jener Bus noch nicht
da. Der kommt erst einiges nach 12 Uhr. Eine grosse Menschentraube ist am Warten; es
herrschen 36°C und bei vielen liegen die Nerven blank. Dem Reiseleiter gelingt es, jemanden
zu bestechen, der fürs Gepäck zuständig ist. Wobei: Ob er wirklich beim Busunternehmen
angestellt ist, oder ob er da auf eigene Rechnung wirtschaftet und für Ordnung sorgt, das
bleibt offen. Er führt das Wort, erteilt Auskünfte, Einheimische scheinen ihn zu kennen – und
es funktioniert: gegen den Widerstand anderer Reisender werden unsere Gepäckstücke als erstes
eingeladen, wir können zusammensitzen und kommen sicher alle mit. Die 200 Kuna (etwa CHF 26.00)
„für Gepäck“ waren gut angelegt.
Die Fahrt zieht sich. Statt knapp 7 Stunden sind wir zuletzt über 10 Stunden unterwegs.
Das heisst: Zuerst werden die Räume und Betten im Pupa Hostel im Hafen von Kotor bezogen.
Anschliessend gehen wir durchs Tor in die Altstadt um zu Trinken. Bis zum Znacht ist dann
Siesta und Duschzeit.

Kotor

Kotor
Wer an Kotor zurückdenkt, denkt an Katzen. Streichelkatzen voller Charme, welche
reihenweise Touristinnen um die Pfote wickeln, oder auch Mistviecher wie diejenige, die
draussen vor dem Restaurant dem Reiseleiter an den Rucksack pisst. Wer an Kotor denkt,
denkt an das Tor zur schönen Altstadt, an Gässchen und russisch-orthodoxe Kirchen. Es
gab dort unter den Einwohnern immer einen russischen Anteil, und der soll in den letzten
Monaten wieder angestiegen sein… Es gibt auch Russinnen und Russen, die zurzeit aus
Russland fliehen! Viele der Villen rund um die riesige Bucht von Kotor, das schon immer
ein Seefahrer- und Korsarenort war, gehören russischen Oligarchen.
Ein Höhepunkt unseres Aufenthalts ist ein Halbtagesausflug im Motorboot (exklusiv für
unsere Gruppe) durch die Bucht von Kotor, wo wir Kloster- und Festungs- und
Gefängnisinseln kennenlernen, Verteidigungsstollen in Felsklippen, und wo wir bei einer
Felsgrotte aussteigen und schwimmen können. Bei manchen Teilen der Fahrt wehen
einem der Wind und Disco-Musik um die Ohren.
Auch den öffentlichen Strand besuchen wir, und am letzten Morgen wagen sieben
Aufrechte aus der Gruppe tatsächlich den steilen Aufstieg zur Burg hoch über Kotor: Der
Weg ist voller Stufen, über 1400 sollen es sein.
Die Heimreise beginnt mit einer Panne: Bestellt war ein Van, der die ganze Gruppe samt
Gepäck zum Flughafen von Tivat fahren sollte. Offenbar ist jener schon beim Gedanken
an diese Strapaze zusammengebrochen, und so fuhren drei PW’s vor. Nur dank der
Bereitschaft von Lea und Aline, dass die eine sich auf den Schoss der anderen setzt für
die paar Kilometer, konnten wirklich alle einsteigen.
Im Flughafen war dann wieder Warten angesagt, aber sonst verliefen der Flug nach Genf
und die Zugfahrt ohne nennenswerte Zwischenfälle. Etliche waren erkältet (die
Schattenseite der kühlenden Klimaanlagen und der Fahrt im offenen Motorboot) und weil
Pfr. Plattner deswegen seine Stimme verlor, übernahm kurzerhand Fabio die Reiseleitung.
Zur vorgesehenen Zeit, kurz vor Mitternacht, kamen alle auf dem Bahnhof SBB in Basel
an.


Frieden: Gemeinsam unterwegs sein
Immer wieder gab es eine kurze Besinnung, als Andacht mit Liedern oder als
Gedankenanstoss unterwegs. Dabei ging es immer um Frieden. Immer wieder waren wir
unterwegs, sind gereist, haben Neues entdeckt, aber auch Strapazen und Frustrationen
ausgehalten. Und immer wieder haben wir uns am Abend an einen Tisch gesetzt und
miteinander gegessen. Unterwegs sein, miteinander etwas aushalten, gemeinsam
Orientierung suchen und sich dabei füreinander verantwortlich fühlen – das hat ganz
viel mit Frieden zu tun, mit Glauben und mit Menschsein überhaupt. Jesus war ja mit seinen
Jüngerinnen und Jüngern eigentlich ständig unterwegs. Am Anfang und am Schluss unserer
Andachten stand der biblische Segen für Menschen, die unterwegs sind und bleiben:
„Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir
und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen.“

Pfr. Hanspeter Plattner